Zusammenfassung
Weltweit steigen die Anforderungen an Verteilnetze durch den wachsenden Einsatz von Photovoltaik, Wärmepumpen und Elektromobilität. Diese Entwicklungen führen zu Spannungsproblemen im Netz, insbesondere in Europa, wo bereits ein teurer Netzausbau stattfindet. In Südafrika hingegen liegt der Fokus bislang auf der Stromverfügbarkeit. Doch mit dem starken Wachstum des Solarmarkts wird auch hier die Netzstabilität zunehmend relevant.
Ein Beispiel für eine moderne Lösung ist die Einführung des A. Eberle »LVRSys® – Niederspannungsregelsystems« im Siemens-Rechenzentrum in Midrand, Südafrika. Das Projekt zeigt, wie »LVRSys®« zur Spannungsstabilisierung in kritischer Infrastruktur beiträgt – insbesondere in Regionen, die sich im Umbruch hin zu erneuerbaren Energien befinden. Neben Südafrika ist die Technologie auch in Europa und weltweit eine wirtschaftliche Alternative zum klassischen Netzausbau, da sie flexibel, kosteneffizient und standortunabhängig eingesetzt werden kann.

LVRSys®
Das »LVRSys®-Niederspannungsregelsystem« wurde speziell entwickelt, um Spannungshaltungsprobleme aufgrund der Integration von Elektromobilität, Photovoltaik und Wärmepumpen im Niederspannungsnetz zu lösen. Es stellt eine wirtschaftliche & flexible Alternative zum kosten- und zeitintensiven Leitungsausbau dar.
Energieversorgung in Europa und Südafrika heute:
Innovative und nachhaltige Lösungen sind gefragt
Die Anforderungen an die Verteilnetze steigen weltweit rasant. Spannungsbandverletzungen treten immer häufiger auf, da Photovoltaikanlagen im Niederspannungsnetz das Spannungsniveau anheben, während gleichzeitig der zunehmende Einsatz von Wärmepumpen und Elektromobilität zu einer Absenkung führt. Während Photovoltaikanlagen das Spannungsniveau tagsüber dominieren, verursachen Wärmepumpen und Elektrofahrzeuge vor allem am Abend und in der Nacht eine Spannungsabsenkung. Zusätzlich verstärkt das einphasige Laden von Elektrofahrzeugen die Asymmetrien zwischen den drei Phasenspannungen.
In Deutschland und Europa hat dies einen schnellen und kostenintensiven Netzausbau zur Folge. Gleichzeitig besteht ein wachsender Bedarf an intelligenten Lösungen, die eine schnelle und wirtschaftliche Stabilisierung des Netzes ermöglichen.
In Südafrika liegt der Fokus bislang stärker auf der grundsätzlichen Verfügbarkeit von Strom als auf der Netzstabilität. Doch dieser Trend wird sich in den kommenden Jahren mit dem rasanten Ausbau erneuerbarer Energien verstärken. Der südafrikanische Solarmarkt wird 2024 auf 6,68 Gigawatt geschätzt und soll bis 2029 auf 11 Gigawatt anwachsen, was einem jährlichen Wachstum von fast 11 Prozent entspricht. Nach Angaben der International Renewable Energy Agency (IRENA) wird er wartet, dass bis 2030 insgesamt 20 Gigawatt aus Wind- und Solarenergie bereitgestellt werden.


Langfristig wird das Marktwachstum durch die steigende Nachfrage nach sauberen Energiequellen sowie durch Bestrebungen zur Reduzierung der Abhängigkeit von Kohlekraftwerken angetrieben. Gleichzeitig stellt der notwendige Ausbau des Hochspannungsnetzes durch Eskom eine zentrale Herausforderung dar, um erneuerbare Energien effizient in das bestehende Netz zu integrieren. Die zunehmende Einspeisung erneuerbarer Energien erfordert daher innovative und nachhaltige Lösungen, die eine stabile Stromversorgung gewährleisten und gleichzeitig die Dekarbonisierung des Energiesektors vorantreiben.


Die wesentliche Herausforderung in Südafrika bleibt die sichere und stabile Stromversorgung sowie die Erreichung der Klimaziele gemäß dem Pariser Klimaschutzabkommen. Südafrika zählt aktuell zu den 20 größten CO2 Emittenten weltweit, da die Stromproduktion stark von Kohle und flüssigen Brennstoffen abhängig ist. Zudem gibt es durch unzureichende Wartung und nicht wirklich planbaren Ausbau von Kraftwerken immer wieder große Spannungsschwankungen. Diese beeinträchtigen die Funktion von Betriebsmitteln, was zu Fertigungsstörungen in der Industrie, bis hin zu Gerätezerstörungen, führen kann. Normen wie die EN 50160, die IEC 61000-2-12 oder die südafrikanische NRS 048 definieren Spannungsbandgrenzen (±10 %). Maschinen, Antriebe und Beleuchtung arbeiten am effizientesten bei Nennspannung. Außerhalb dieses Bereichs sinken Effizienz und Lebensdauer, besonders bei LEDs. Ein Pilotprojekt zwischen Siemens Proprietary Limited in Midrand Südafrika und A. Eberle Africa (Pty) Ltd. in Durban Südafrika demonstriert, wie ein Niederspannungsregelsystem »LVRSys®« die Spannungsstabilität eines Datencenters gewährleistet. Es reagiert bei Schwankungen der Netzspannung innerhalb von 30 ms und sorgt damit für eine absolut gesicherte 24/7-Funktionsfähigkeit dieser kritschen Infrastruktur. Im Pilotprojekt kommt ein »LVRSys®« mit einer Nominalleistung von 250 kVA (+10 %), also mit acht Schaltstufen, zum Einsatz.

»LVRSys®« – Niederspannungsregelung – prinzipielle Funktionsweise

Abbildung 7 (links): Regelstufenbereich »LVRSys®«

Realisierung einer effizienten Spannungsstabilisierung mit »LVRSys®«
Das Siemens-Datencenter in Midrand, Südafrika, ver wendete bislang eine ältere Anlagentechnik, die den aktuellen Anforderungen nicht mehr vollständig gerecht wurde, und auf einer Servomotorregelung mit mechanischer Stufenverstellung basierte. Diese Technologie wies eine lange Reaktionszeit von mehreren Minuten, eine geringe Effizienz sowie qualitative Einschränkungen auf, was zu erhöhtem Wartungsaufwand und verlängerten Ausfallzeiten führte.
Angesichts dieser Herausforderungen fiel die Entscheidung leicht, die bestehende Anlage durch das innovative »LVRSys®« – Low Voltage Regulation System zu ersetzen. Diese zuverlässige und robuste Technologie ermöglicht eine hochpräzise Spannungsregulierung mit einer Reaktionszeit von unter 30 Millisekunden, wodurch Spannungsschwankungen effizient ausgeglichen werden. Damit sichert sie den kontinuierlichen und störungsfreien Betrieb des für Siemens essenziellen Datencenters.

Die Demontage und umweltfreundliche Entsorgung der Altanlage wurde von einer Partnerfirma vor Ort, in Zusammenarbeit mit A. Eberle Africa, umgesetzt: INSTELEC SERVICES CC, Kontakt: info@instelec.co.za
Die Dimensionierung der Pilotanlage erfolgte nach modernsten Standards und umfasste die folgenden technischen Eigenschaften:

Ein wesentliches Merkmal des »LVRSys®« ist sein außergewöhnlich hoher Wirkungsgrad, der in allen verfügbaren Leistungsklassen zwischen 99,4 % und 99,8 % liegt. Dies macht das System zu einer besonders energieeffizienten und umweltfreundlichen Lösung. Auch im Vergleich zu anderen am Markt verfügbaren Technologien überzeugt das System durch herausragende Leistungswerte:
- Durchgangsleistung: 22 kVA bis 2500 kVA
- Regelbereiche: ± 6 % bis ± 16 %
- Stufenanzahl: 9
- Effizienz: 99,4 % – 99,8 %
- Regelung: phasenunabhängig
- Netzrückwirkungsfrei
- Erhöhung der einpoligen Kurzschlussleistung durch Vorstufe bis 44 kVA
Zusätzlich ist das »LVRSys®« bewusst bedienerfreundlich und wartungsarm konzipiert. Die empfohlene Funktionskontrolle erfordert lediglich einen manuellen Wechsel zwischen Bypass- und Normalbetrieb alle fünf Jahre. Zudem stellt A. Eberle Africa einen lokalen After-Sales-Service bereit. Die Anlage wird mit einer fünfjährigen Gewährleistung geliefert und verfügt über eine erwartete Lebensdauer von 40 Jahren.
Power Quality Monitoring, parallel zur »LVRSys®« Spannungsregelung
Ein weiteres herausragendes Merkmal des verbauten Niederspannungsregelsystems ist die Integration von zwei optionalen Power Quality Geräten »PQI-DA smart«, hochpräzisen Messgeräten der Klasse A nach IEC 61000-4-30, Ed. 4. Diese erfassen und dokumentieren kontinuierlich sowohl eingangsseitige Spannungsänderungen als auch die geregelte Ausgangsspannung. Dadurch wird die Funktionsweise des Systems fortlaufend überwacht und kann jederzeit nachvollzogen werden. Ein integrierter 1GB-Speicher ermöglicht ein langfristiges Spannungsmonitoring. Zudem kommunizieren die eingebauten Power Quality Geräte über eine TCP/IP-Schnittstelle mit der datenbankorientierten Systemsoftware »WebPQ«, wodurch eine umfassende Datenauswertung und Analyse gewährleistet wird.

Erfolgreiche Inbetriebnahme des »LVRSys®«
Die Inbetriebnahme des »LVRSys®« wurde im Juli 2024 durch A. Eberle Africa erfolgreich durchgeführt. Das System arbeitet seitdem störungsfrei und zuverlässig. Das benutzerfreundliche Design ermöglicht es zudem, dass die Inbetriebnahme bei Bedarf auch eigenständig durch den Endkunden durchgeführt werden kann. In diesem Fall wurde parallel eine Schulung zur Bedienung und Wartung angeboten, um eine optimale Nutzung und langfristige Betriebssicherheit zu gewährleisten
»LVRSys®« – Rechenzentrum Use Case
Kunde: Siemens Proprietary Limited South Africa
Unser Fokus liegt auf der Weiterentwicklung innovativer Technologien, der Gestaltung von Dekarbonisierungspfaden und der Etablierung zirkulärer regenerativer Systeme für eine nachhaltige Transformation. Die Grundlage für eine erfolgreiche Energiewende bis 2040 muss jetzt geschaffen werden. Wir haben die Möglichkeit, dies zu realisieren – jetzt ist der richtige Zeitpunkt zum Handeln, und Siemens Africa geht mit gutem Beispiel voran.
Installation »LVRSys®«
Siemens Proprietary Limited South Africa
300 Janadel Avenue
1685 Midrand, South Africa
07/2024
Pilotprojekt in Südafrika im Rahmen des RES-Programms
Anwendung: Spannungsstabilisierung kritischer Infrastruktur – Rechenzentrum
Die Normen EN 50160 und NRS048 definieren unter anderem die zulässigen Spannungsbereiche, innerhalb derer die Netzspannung verbleiben muss. Die zulässige Toleranz beträgt ±10 % bezogen auf die Nennspannung UN_U_NUN (400 V Leiter-Leiter), was eine zulässige Spannungsschwankung von 80 V um den Nennwert bedeutet. Maschinen, Antriebe und Beleuchtungssysteme arbeiten am effizientesten, wenn die anliegende Spannung dem optimalen Betriebspunkt entspricht – in der Regel der Nennspannung des Netzes. Weicht die Spannung hiervon ab, sinken sowohl die Effizienz als auch die Lebensdauer von elektrischen Antrieben. Besonders Beleuchtungssysteme, wie LEDs, sind empfindlich gegenüber Spannungsabweichungen, wodurch ihre Lebensdauer erheblich reduziert wird. In industriellen Anwendungen können Spannungskonstanthalter mit Reaktionszeiten von unter 30 Millisekunden konfiguriert werden, um diese Probleme zu beheben. Industrielle Systeme und Maschinen werden typischerweise mit einer Drehstromversorgung betrieben. Diese Systeme arbeiten am effizientesten bei der Nennspannung UN_U_NUN (z. B. 230 V Leiter-zu-Neutralleiter), was potenzielle Energieeinsparungen ermöglicht. Besonders Drehstrommotoren reagieren empfindlich auf unsymmetrische Phasenspannungen, die die Betriebseffizienz mindern und die Lebensdauer elektrischer Komponenten, wie beispielsweise Kohlebürsten in Motoren, verkürzen. Das »LVRSys®« gleicht diese Asymmetrien gezielt aus, verbessert die Energieeffizienz und verlängert die Lebensdauer der angeschlossenen Verbraucher.
Technische Lösung A. Eberle »LVRSys®«
250 kVA ±10 % (180.1000.4019 355 A ±10 %)

»LVRSys®« – Anwendungsmöglichkeiten im Bereich Energieversorger (EVU)
Expertise Niederspannungsregelung
Deutschland und Europa, aber auch zunehmend andere Länder, die die Energiewende gezielt vorantreiben, stehen vor der Herausforderung, eine stabile Netzspannung in der Niederspannungsebene zu gewährleisten. Intelligente Lösungen zur Spannungsregelung sind essenziell, um kostenintensiven Netzausbau zeitlich zu verzögern oder – abhängig von zukünftigen lokalen Netzplanungen – sogar vollständig zu vermeiden.





Niederspannungsnetzentwicklung über einige Jahre – Zuwachs an erneuerbaren Energie, Wärmepumpen und E-Mobilität – und klassischer, aber kostenintensiver Netzausbau.

Niederspannungsnetz – flexible, intelligente Lösung mit einem Niederspannungsregelsystem »LVRSys®«.

Das Niederspannungsregelsystem »LVRSys®« bietet eine effiziente Alternative zum konventionellen Leitungsausbau, indem es diesen verschiebt oder sogar vollständig vermeidet. Sein wirtschaftlicher Einsatz ist in nahezu allen Niederspannungsnetzen sinnvoll. Während Investitionen in neue Leitungen das gebundene Kapital über Jahrzehnte hinweg fixieren, erfordert »LVRSys®« vergleichsweise geringe Investitionen, die zudem flexibel und standortunabhängig einsetzbar sind. Sollte sich die Netzstruktur grundlegend verändern, kann das System problemlos an einen anderen Standort verlegt und weiter genutzt werden.
Autoren
Till Sybel: Managing Director A. Eberle Africa (Pty) Ltd.
Nhlanhla Mbuli, PrEng, FSAIEE, SMIEEE: University of South Africa, Department of Electrical and Smart System Engineering
Marco Rahner: Siemens Proprietary Limited South Africa Smart Infrastructure Sales RC-ZA SI S
Brian Howarth: Managing Director A. Eberle Africa (Pty) Ltd.
Dieses Projekt wird im Zuge des Renewable-Energy-Solutions-Programms der Exportinitiative Energie des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz gefördert.