Cos ϕ vs. Leistungsfaktor λ
In diesem Fachbericht wird die Unterscheidung zwischen dem Leistungsfaktor und dem Cosinus Phi diskutiert. Der Cosinus Phi, früher häufig als das Verhältnis von Wirkleistung zu Scheinleistung bekannt, hat jedoch heute bei vielen Verbrauchern eine andere Bedeutung. Es gibt einen markanten Unterschied in der Definition wie der Leistungsfaktor oder der Cosinus Phi berechnet wird.
Die Formel für den Leistungsfaktor (Lambda) zeigt, dass dieser die Spannung multipliziert mit der Stromgrundschwingung und dem Cosinus des Winkels Phi (Phasenverschiebung zwischen Grundschwingung Spannung und Grundschwingung Strom) darstellt.
Im Verhältnis zur Scheinleistung (U x I) ist der Leistungsfaktor definiert als das Verhältnis von Wirkleistung zu Scheinleistung.
Nur wenn sowohl der Strom als auch die Spannung in einem Netz sinusförmig (frei von Oberschwingungen) sind, ist der Leistungsfaktor und der Cosinus Phi identisch. Allerdings trifft dies heute in den seltensten Fällen zu, da in der Praxis zumindest der Strom Oberschwingungen aufweist und häufig stark von einem reinen Sinus abweicht.
In diesem Fall erhält man zusätzlich zur Grundschwingungsblindleistung noch eine Oberschwingungsblindleistung oder auch Verzerrungsblindleistung im Netz.
Das Leistungsdreieck, bestehend aus Wirkleistung, Blindleistung und Scheinleistung, hat sich nun zu einem dreidimensionalen Konstrukt erweitert. Diese Erweiterung beinhaltet die Berücksichtigung der Grundschwingungsblindleistung (Q-50), die entweder kapazitiv oder induktiv sein kann. Der Winkel zwischen Wirk- und Blindleistung beträgt dabei 90 Grad. Die dritte Dimension des Leistungsdreiecks bezieht die Verzerrungsblindleistung (D) von Oberschwingungen mit ein, welche im rechten Winkel zur Grundschwingungsblindleistung steht. Um die Gesamtblindleistung einer Schaltung zu erhalten, müssen diese quadratisch summiert werden. Um auf die Scheinleistung zu gelangen, müssen die Wirkleistung (Q) und die Blindleistung, welche im rechten Winkel zueinander stehen, quadratisch summiert werden. Die Scheinleistung ist durch die Formel Spannung x Strom definiert.
Ein praktisches Beispiel hierzu im Video:
Mit einer PQ-Box wird eine Spannung mit einer Frequenz von 50 Hertz gemessen. Der Strom hat eine Frequenz von 150 Hertz. Durch die Multiplikation der Abtastwerte wird nun eine Leistung aus diesen beiden Frequenzen berechnet. In bestimmten Momenten ist die Leistung positiv und fließt vom Netz zum Kunden. Es gibt auch eine rote Leistungskurve, die negativ und im negativen Bereich liegt. Per Definition wird an dieser Stelle die Leistung vom Verbraucher ins Netz geschoben. (negatives Vorzeichen der Leistung)
In der Leistungsmesstechnik ist es notwendig, die Leistung immer über die Fläche zu integrieren. Im 50-Hertz-Netz beträgt das kleinste Messintervall eine Sinushalbwelle, somit 10 Millisekunden. Um die Leistung zu berechnen, wird die Fläche unter der Leistungskurve über diesen Zeitraum integriert. In diesem Beispiel ergibt die Integration der grünen Leistungskurven oberhalb der Nulllinie eine Wert von 118 Watt, während die größere rote Kurve unter der Nulllinie einen Wert von minus 118 Watt aufweist. Das Integral der gesamten Leistung über 10 Millisekunden ergibt einen Wert von null, was auf eine pendelnde Leistung hinweist, die als Blindleistung definiert wird. Diese Blindleistung belastet zwar unsere Leitung und den Transformator, diese muss jedoch nicht als Wirkleistung erzeugt werden. In der Praxis werden alle Stromharmonischen mit der Grundschwingung der Spannung multipliziert, um die Verzerrungsblindleistung zu berechnen. Da die Grundschwingung der Spannung dominiert und die anderen Spannungsharmonischen in der Regel keine große Rolle spielen, kann dies in der Messtechnik vernachlässigt werden.
Blindleistung ist eine Art von Leistung, die in einem elektrischen Netzwerk vorhanden ist, die nicht genutzt wird, sondern nur dazu dient, die Netzbelastung und Verluste im Netz zu erhöhen.
Es gibt folgende Arten von Blindleistungen:
- Grundschwingungsblindleistung
- Oberschwingungsblindleistung/ Verzerrungsblindleistung
- Unsymmetrieblindleistung
- Modulationsblindleistung
Für jede Blindleistungsart gibt es unterschiedliche Abhilfemaßnahmen:
Blindleistung bezieht sich auf die Differenz zwischen der Scheinleistung, die in einem Netz angezeigt wird, und der tatsächlichen Wirkleistung, die von den Geräten genutzt wird.
Die Unsymmetrieblindleistung entsteht, wenn die Lasten in einem Drehstromnetz unsymmetrisch belastet werden. Dies kann beispielsweise durch unterschiedliche Leistungen auf den drei Phasen L1, L2 und L3 entstehen. Obwohl die Scheinleistung und die Wirkleistung pro Strang in diesem Fall gleich sind, ergiebt sich eine Blindleistung im Gesamtsystem, die als Unsymmetrieblindleistung bezeichnet wird. Um diese Blindleistung zu reduzieren, kann man beispielsweise eine Unsymmetriekompensationsanlage verwenden, die die unsymmetrischen Ströme ausgleicht und so die Blindleistung minimiert.
Modulationsblindleistung entsteht durch starke Schwankungen in der Modulation des Stroms, wie zum Beispiel in Schwingungspaketsteuerungen. Heute gibt es viele verschiedene Arten von Blindleistung, die moderne Netzanalysatoren wie die PQ-Box einzeln bewerten und aufzeichnen.
Die kollektive Gesamtblindleistung ist die quadratische Summe aller Blindleistungsarten.
Diese kollektive Gesamtblindleistung erklärt somit die Differenz zwischen Wirk- und Scheinleistung. Es ist zu beachten, dass die kollektive Blindleistung niemals ein Vorzeichen besitzt, da alle Blindleistungsarten quadratisch summiert werden und folglich das Vorzeichen immer positiv ist. Nur die Grundschwingungsblindleistung kann ein Vorzeichen besitzen. Minus, wenn diese kapazitiv ist und positiv, wenn diese Grundschwingungsblindleistung induktiv ist.
Als Beispiel aus der Praxis dient die Verwendung von einem Frequenzumrichter. In diesem Fall ist vor dem Antrieb eine B6-Brückengleichrichterschaltung mit 4 Dioden installiert. Die Dreiphasenspannungen oder Ströme werden hierbei gleichgerichtet und an den Eingang des Wechselrichters geschickt. Im Bild Nr. 7 kann man gut erkennen, dass Strom und Spannung in Phase liegen, was einen Cosinus Phi von nahe 1 ausdrückt. Netzanalysatoren werden bei diesem Verbraucher jedoch eine große Blindleistung anzeigen, da der Leistungsfaktor (Verhältnis von P zu S) bei 0,85 liegt. Eine Analyse des Stroms zeigt, dass in diesem Fall die fünfte und siebte Stromharmonische mit bis zu 160A vorhanden sind. Aus diesen Stromharmonischen ergibt sich eine Verzerrungsblindleistung.
Ein weiteres Video zeigt, an einem praktischen Beispiel die Blindleistungsarten anhand einer Phasenanschnittsteuerung.
Autor
Jürgen Blum, Produktmanager Power Quality Mobil