Dieses Thema ist in zwei Beiträge aufgeteilt (Tipps und Tricks Teil 1 und Teil 2). Dies ist der Teil 2.
Theoretische Grundlagen
Beim Einsatz von mobilen Netzanalysatoren stellt sich häufig die Frage, wie das PQ Messgerät mit Energie versorgt werden kann, da selten in der Nähe von Steckdosen zur Verfügung stehen. Dies gilt sowohl für den Hausanschluss als auch für Kabelverteilerkästen im Freien oder, wie im Beispiel unten zu sehen, an einer Betonmaststation.
Eine Möglichkeit besteht darin, das PQ Messgerät direkt über die Spannungsabgriffe an der Messstelle anzuschließen. Hierbei ist jedoch darauf zu achten, dass die Spannung, an die das Gerät angeschlossen wird, den technischen Daten des Netzteils entspricht, da der Messbereich der Geräte in der Regel größer ist als das, was das Netzteil verarbeiten kann. Die Netzteile der PQ-Boxen können zwischen 100 und 500 Volt mit AC oder DC betrieben werden, jedoch sollte man z. B. bei einem Einsatz in einem 690V-Industrienetz darauf achten, dass die Spannung nicht zu hoch ist, da ansonsten das Gerät oder das Netzteil beschädigt werden kann. Auch eine zu niedrige Spannung kann Schaltnetzteile ebenfalls schädigen, da sie diese aufgrund des hohen Stroms thermisch überlasten. Es ist wichtig, die richtige Spannung für das Netzteil zu berücksichtigen, wenn Geräte an die Messspannungen angeschlossen werden. Bei Messungen an Spannungswandlern in einem Mittelspannungsnetz könnte man theoretisch die Messgeräte mit 100V aus der verketteten Spannung versorgen, jedoch ist hiervon abzuraten.
Es ist zu beachten, dass Schaltnetzteile Oberschwingungen verursachen. Diese Stromoberschwingungen verursachen an der hohen Bürde des Spannungswandlers entsprechende Spannungsharmonische und verfälschen somit das Ergebnis einer Bewertung der Spannungsqualität. Für eine reine Leistungsmessung kann die Versorgung der Geräte über Mittelspannungswandler in Betracht gezogen werden.
Vor Beginn der Aufzeichnung für die Woche ist es wichtig zu prüfen ob alle Spannungen und Ströme korrekt angeschlossen sind. Dies kann sehr einfach über das Display der Geräte überprüft werden. Bei der Verwendung von Stromzangen sollte darauf geachtet werden, dass diese immer fest geschlossen sind, da selbst eine geringe Öffnung zu großen Messfehlern führen kann.
Ein negatives Vorzeichen der Wirkleistung weist darauf hin, dass die Anlage Leistung ins Netz zurückspeist, während ein positives Vorzeichen bedeutet, dass die Anlage Leistung aus dem Netz bezieht. Ist der Leistungsfluss bzw. das Vorzeichen der Leistung falsch so wurde die Stromzange in der falschen Richtung eingebaut und muss um 180° gedreht werden.
Stimmt die Zuordnung von Spannungen und Strömen nicht mit der richtigen Phase im Netz zusammen so ist dies recht einfach im Onlinezeigerdiagramm oder auch im angezeigten Phasenwinkel zwischen Spannung und Strom zu erkennen.
Strommessungen an Bündelleitern
Bei Strommessungen an Bündelleitern (hier 12 Einzelleiter pro Phase) ist zu beachten, dass sich die Ströme in den einzelnen Einleiterkabeln sehr unsymmetrisch aufteilen können. So ist es häufig nicht möglich, die Rogowskistromzange nur um 1/3 der Kabel zu legen und dann diesen gemessenen Wert mit 3 zu multiplizieren. Eine Alternative hierfür wären Rogowskispulen in ausreichender Länge zu verwenden und diese um das komplette Kabelbündel zu legen.
Ist mein PQ Messgerät in der Lage, die gewünschte hochfrequente Störung zu erfassen? Eine FFT-Analyse wurde durchgeführt, um die Frequenzen, Harmonischen und Schaltfrequenzen im Ortsnetz zu erfassen. Dieses Ortsnetz ist Gegenstand zahlreicher Beschwerden von Kunden: Ausfälle von Geräten, Fehlfunktionen und Pfeifgeräusche in Geräten oder Klingeltransformatoren sind die häufigsten Beschwerden. In diesem Beispiel sind es die supraharmonischen Frequenzen, die hier deutlich hervorstechen.
Die EN50160 bietet in Bezug auf die identifizierten Störungen im Bereich von Supraharmonischen nur begrenzte Hilfe. Diese Norm beschränkt sich auf die Bewertung bis zur 25. Harmonischen. Es gibt keine Verträglichkeitspegel oberhalb von 1.250 Hertz. Im Vergleich dazu besitzt die EMV-Norm IEC61000-2-2 Grenzwerte und Verträglichkeitswerte für das öffentliche Niederspannungsnetz bis 150 Kilohertz.
Das PQ Messgerät und auch die Stromzangen, die verwendet werden, müssen in der Lage sein, die gewünschte Störung zu erfassen. Beispielhaft wird in Abbildung 6 die PQ-Box 100 betrachtet. Diese tastet mit einer Abtastrate von 10,24 Kilohertz ab und wäre daher nicht in der Lage, die Rückwirkung von 10 Kilohertz zu erfassen. Ihre Bandbreite ist auf 5 Kilohertz limitiert. Um diese Störung zu erfassen, wären die PQ-Boxen 150 bis 300 besser geeignet, die mit Abtastraten von 20 bis über 400 Kilohertz arbeiten. Das Bild Nr. 6 wurde mit einer PQ-Box 200 aufgenommen und zeigt das Störsignal im Oszilloskopbild.
Als Beispiel dient hier ein Oszilloskopbild, welches mit einer PQ-Box 100 aufgenommen wurde. Es zeigt einen perfekten Sinus.
Im Vergleich dazu wurde am gleichen Messpunkt mit einer PQ-Box 200 mit einer Abtastrate von 40 Kilohertz erneut gemessen (Abbildung 7). Hierbei ist deutlich die 10 Kilohertz als Rückwirkung mit einem Pegel von 1,7 Volt erkennbar, welche die Ursache für die Probleme bei verschiedenen Verbrauchern darstellt.
Triggereinstellungen
Bei der Überlegung, welche Messdaten mit einem Netzanalysator erfasst werden sollen, ist es wichtig, das Triggerkriterium sorgfältig zu wählen. In der Regel wird eine Triggerschwelle für den Auslösezeitpunkt von schnellen Störschrieben genommen, wie z.B. Unterschreiten oder Überschreiten einer Spannungs- oder Stromschwelle. Diese Einstellung ermöglicht es, Netzeinbrüche oder Anlaufströme von Maschinen als Oszilloskopbild oder ½ Periodenrekorder aufzunehmen.
Um jedoch die Ursache von Ausfällen von Anlagen oder Verbrauchern zu erfassen, kann es sinnvoll sein auf eine Unterschreitung einer Stromschwelle zu triggern. Da man in der Regel erst bei Ausfall der Anlage das Triggerkriterium erfüllt benötigt man für die Auswertung später vor allem eine lange Vorgeschichte.
Alle PQ-Boxen haben die Möglichkeit bis zu 600 Sekunden Vorgeschichte aufzuzeichnen. So erkennt man in der Auswertung der Messdaten über einen langen Zeitraum vor dem Ausfall der Anlage den Grund.
Im Beispiel wurde an einem BHKW, welches mehrmals pro Woche ausgefallen ist eine Netzanalyse durchgeführt. Ein eindeutiges Triggerkriterium welches beim Ausfall des BHKW´s auftritt, ist die Unterschreitung einer Stromschwelle. Der Nennstrom der Anlage lag bei 70A. Als Triggerschwelle wurde ein Wert von 60A eingestellt. Sinkt der Anlagenstrom unter diesen Wert so erfasst die PQ-Box in diesem Beispiel 100 Sekunden Vorgeschichte vor der Störung und 20 Sekunden Nachgeschichte. Über die Vorgeschichte konnte der Grund der Störung gefunden werden.
Autor
Jürgen Blum, Produktmanager Power Quality Mobil