Im Bericht „Der N-Leiter & Harmonische Oberschwingungen“ wurde bereits erklärt, was die Besonderheiten der durch 3 teilbaren Harmonischen sind und wieso diese sich auf dem Neutralleiter addieren. Dieser Applikationsbericht soll dies noch einmal anhand einer typischen Power Quality Messung im Netz veranschaulichen und aufzeigen, was bei Power Quality Messungen zu beachten ist. Beim geschilderten Fall geht es um Probleme bei der Spannungsqualität in einem Bürogebäude.
Bei Problemen mit der Spannungsqualität ist eine Auswertung nach EN 50160 notwendig
Abbildung 1 zeigt eine Auswertung, die aus unserer WinPQ mobil Software generiert wurde. Diese Auswertung stellt eine einwöchige Power Quality Messung nach EN 50160/IEC 61000-2-2 bei einem Energieversorger an einem Übergabepunkt zu einem größeren Bürogebäude dar. Bei einer Messung aller Parametern der EN 50160 werden mehr als 500.000 Messwerte erfasst, die durch die von uns zur Verfügung gestellte Software WinPQ mobil statistisch aufbereitet werden. Da in diesem Bürogebäude einige Geräte überlastet wurden und nach viel zu kurzer Zeit ausgefallen sind, sollte eine Bewertung der Spannungsqualität durchgeführt werden. In diesem Diagramm werden alle Messwerte skaliert auf die Verträglichkeitswerte nach EN 50160 aufgezeigt. Alle Balken, die unter der Grenzwertlinie liegen, sind unkritisch. Die Verletzung der Grenzwerte für Spannungsharmonische auf der Phase L1 und L3 sind in dieser Messung sehr auffällig. Allerdings kann man aus dieser Darstellung noch nicht erkennen, welche Frequenzen zu einer Grenzwertverletzung geführt haben.
Die Betrachtung von Grenzwerten ist essenziell für die Auswertung von Power Quality Problemen
Betrachtet man die Grenzwerte der einzelnen Harmonische wie in Abbildung 2, fallen drei Besonderheiten auf:
- Die 15. Harmonische ist auf der Phase L1 verletzt.
- Auf der Phase L2 liegt der Wert noch knapp unter den Verträglichkeitswerten.
- Der 100% Messwert der 15. Harmonischen ist auf der Phase L3 verletzt.
Wie auch bereits im vorherigen Artikel beschrieben, fallen hier die ungeradzahlingen und durch drei teilbaren Harmonischen 21., 27. und 27 auf.
Der Zeitpunkt der Grenzwertüberschreitung gibt einige Informationen über die Ursache der Probleme preis
Im nächsten Schritt sollte überprüft werden, zu welche Zeiten die Verletzung der Grenzwerte stattgefunden hat. An dieser Stelle ist es unerlässlich, dass die Power Quality Messung über eine Woche läuft, obwohl am Wochenende in dem Bürogebäude kein Betrieb ist. Lässt man sich die Daten der 15. Harmonischen auf eine Woche skaliert darstellen, erkennt man, dass sich die Pegel am Wochenende und nachts auf einem niedrigen Niveau befinden. Ab Montagvormittag steigen die Pegel etwas an und fallen gegen Abend wieder ab. Setzt man Markierungen auf die Uhrzeiten, so zeigt die Auswertesoftware an, dass die Pegel zwischen 06:50 Uhr und 16:40 Uhr erhöht sind – also die typischen Bürozeiten, zu denen Angestellte im Gebäude sind.
Die Stromoberschwingungen geben einen Hinweis über den Ort des Verursachers der Probleme
Über die Ströme kann man nun herausfinden, ob der Verursacher der Störung vor oder hinter der Messstelle liegt. Sollte das Büro-Equipment mit den Gerätschaften der Verursacher der Harmonischen sein, sollte das über die Stromharmonische herauszufinden sein. Dementsprechend sollte man sich im nächsten Schritt neben der 15. Spannungsharmonischen auch die 15. Stromharmonische im Diagramm anzeigen lassen. In Abbildung 4 erkennt man, dass der Neutralleiter die höchste Belastung ist und ungefähr der Summe der drei Phasen entspricht. Die 15. Strom-Harmonische, durch drei teilbar, addiert sich auf dem Neutralleiter. Betrachtet man das Wochenprofil, kann man direkte Korrelationen zum Spannungsverlauf erkennen: Je höher die Stromharmonischen sind, desto höher ist auch der Spannungspegel im Netz. Dieser Effekt ist bei anderen Harmonischen ebenfalls festzustellen. Anders als bei den Strompegeln kann man von den Spannungspegeln nicht davon ausgehen, dass diese auf null zurückgehen, da die Spannungen bzw. Rückwirkungen die Summe aller im Netz arbeitender Verbraucher ist und am Wochenende sind mit Sicherheit auch eine Vielzahl an Verbrauchern aktiv. Sogar ein Transformator im Leerlauf produziert einige Harmonische. Mit Blick auf die Grenzwerte erkennt man, dass diese nachts und am Wochenende nicht überschritten werden. Lediglich zu den Betriebszeiten im Büro, wenn viele einphasige Verbraucher betrieben werden, werden die Grenzpegel überschritten.
Eine Grenzwertauswertung ist mit der WinPQ mobil spielend einfach
Für den Anwender der WinPQ mobil gibt es zusätzlich einige unterschiedliche Anzeigemöglichkeiten der Werte. Abbildung 5 zeigt beispielsweise die Abweichung des Messwertes zum dazugehörigen Verträglichkeitswert in %. Für eine 15. Harmonische gelten selbstverständlich sehr viel kleinere Grenzwerte als für eine 5. Harmonische. In der WinPQ mobil ist es allerdings auch kein Problem sich die Absolutwerte in Volt anzeigen zu lassen, wie in Abbildung 6 zu sehen ist. In dieser Abbildung ist die 15. Harmonische gar nicht auffällig, allerdings müsste man für eine fundierte Auswertung den Grenzwert einer jeden Harmonischen kennen.
Fazit
Durch diese Messung konnte der Einfluss des Kunden auf den erhöhten Spannungsmesswertes der 15. Harmonischen bewiesen werden. Aufgrund der vielen einphasigen Verbraucher in diesem Bürogebäude wurde der Grenzwert überschritten. Es wurden Maßnahmen zu Verbesserung der Spannungsqualität im Kundengebäude durchgeführt.
Autor
Jürgen Blum, Produktmanager Power Quality Mobil