Drei gleichzeitige Vorgänge während des Erdschluss
Bei Erdschluss eines Leiters laufen mit Erdschlussbeginn drei Vorgänge gleichzeitig ab:
- Die Spannung U1E (Leiter-Erde) des vom Erdschluss betroffenen Leiters bricht zusammen; bei sattem Erdschluss geht U1E auf den Wert Null
- Die Verlagerungsspannung UNE steigt sprungartig vom Betriebswert (einige Volt) auf einen höheren Wert an
- Die Kapazität CLE (Leiter-Erde) des erdschlussbehafteten Leiters wird entladen und gleichzeitig wird der Ladezustand der Kapazitäten CLE der beiden erdschlussfreien Leiter stoßartig durch die sich gleichzeitig verändernde Spannung U1E (maximal auf ULL) ebenfalls verändert (umgeladen)
Verlagerungsspannung
Die Verlagerungsspannung UNE tritt unabhängig von der örtlichen Lage des Erdschlusses im gesamten galvanisch zusammenhängenden Netz nahezu gleichartig auf und hat die gleiche Kurvenform und Frequenz wie die Netzspannung. Die Verlagerungsspannung UNE ist während der gesamten Dauer des Erdschlusses vorhanden.
Entladung von CLE der geerdeten Leiter
Bei Erdschluss eines Leiters entladen sich die Kapazitäten CLE aller Leitungen des galvanisch zusammenhängenden Netzes über die Erdschlussstelle zur Erde. Dieser Vorgang tritt nur einmalig und sofort nach Beginn des Erdschlusses auf und ist nach kurzer Zeit abgeschlossen.
Der zeitliche Verlauf dieses Entladestromes ist von den Daten der Leitung abhängig. Das Verhältnis des ohmschen Widerstandes zur Induktivität der Leitung bestimmt die Eigenschaften des aus diesen Elementen gebildeten Schwingkreises. Ist die Induktivität relativ klein, dann ist der Entladestrom ein aperiodischer, stetig abklingender Gleichstrom; bei größeren Werten der Induktivität ist es ein periodisch abklingender Wechselstrom.
Die Amplitude dieses Stromstoßes ist abhängig vom Zeitpunkt des Erdschlusseintrittes. Fällt dieser mit dem Maximum der Halbwelle von ULN zusammen, erreicht auch die Anfangsamplitude des Stromstoßes den Höchstwert und sie geht gegen Null, wenn der Erdschluss während des Nulldurchganges eintritt.